Video-Portraits, 2000 ff, Videodauer jeweils 2-3 Minuten / Loop
Installations-Ansicht: FACES, Amerigo / Yvonne, 2003
Die Video-Portraits entstanden ab 2000, die meisten beim „Simposio Internacional de Arte do Feital“ in Portugal, einem Projekt von Maria Lino.
Vorgabe für die Porträtierten war: sich für die Dauer der Aufnahme auf den eigenen Blick zu konzentrieren. Das gelingt meist nur für eine kurze Zeit. Jede minimale Ablenkung ist sichtbar.
Die Bild-Ausschnitte wurden angepasst an das jeweilige Blickfeld. Manche Menschen schauen mit den Augen und der Stirn, manche mit dem Hals und bei anderen sind die Ohren für das Blickfeld entscheidend. Hintergründe zur Arbeitsweise finden sich im Text:
Über Video-Portraits (2001)
Da das Zeitelement für den Blick von großer Bedeutung ist, begann ich neben Zeichnung und Malerei Videos aufzunehmen. Diese Videos sind sehr still und es ist nur ein schmaler Grat zwischen dieser Art Film und einem Foto.
Der dadurch entstehende Eindruck eines sich bewegenden Standbildes ist für die Zuschauer immer wieder überraschend. Da ich die Videos als Loop zeige, kann man über Stunden in ein und dasselbe Gesicht blicken. Auch das ist ungewohnt für die Betrachter, zumal es mit dem unserer Kultur eigenen Tabu kollidiert, dass man in ein sich bewegendes / lebendes Gesicht nicht länger als ein paar Sekunden schauen darf. Ein längerer Blick wird in den meisten Fällen als Aggression gewertet.
Andy Wharhol filmte Serien von Besuchern der FACTORY, jeden drei Minuten lang, immer unter gleichen Bedingungen (SCREENSHOTS / SCREENTESTS, 1964-1966).
Auch Thomas Struth machte Aufnahmen von Menschen, die eine Stunde vor dem Objektiv seiner Kamera saßen, die er als Video.Portraits zeigt. (1HOUR, video-portraits, 1997).
Außer einer formalen Nähe zu den Arbeiten Struths und Wharhols, liegt meiner Arbeit jedoch eine andere Absicht zugrunde. Dies drückt sich bereits in einer anderen Arbeitsweise aus. Wesentlich dafür ist die Dauer der Aufnahme. Diese Dauer wird bestimmt durch die Fähigkeit der Portraitierten in ihrem eigenen Blick zu bleiben. Die meisten sind in der Lage das für drei Minuten zu tun, manche kürzer, andere erheblich länger. Das worum es mir geht, ist das Bild eines Menschen der schaut, jemand der sich des eigenen Blicks bewusst ist.
Das scheint einfach zu sein, ist es aber nicht. Es ist ein eher seltenes Ereignis, da wir alle nicht daran gewöhnt sind, zu sehen ohne etwas anzuschauen, oder mehr noch ohne die Erwartung angeschaut zu werden.
Der Blick ist korrupt geworden durch die Hoffnung und die Furcht gesehen zu werden. Durch diese Art des Blicks werden wir zu Objekten. Wir verwandeln uns durch das eigene Schauen vom Subjekt zum Objekt.
Video-Porträts, Auswahl
Aus diesem Grund arbeite ich hauptsächlich daran, Situationen zu schaffen in denen die Portraitierten — und ich selbst — Subjekte bleiben können. Dieser Wechsel der Perspektive kann in den Videos gesehen werden. Das Gefühl konspirativ in eine Privat-Sphäre einzudringen entsteht nicht und der Betrachter wird nicht zum Spion oder Voyeur in Gegenwart dieser Bilder.
Das Thema meiner Arbeit ist der Blick als grundlegendes Element des menschlichen Bewusstseins. Um Bilder zu erschaffen, die den Fokus auf den Blick lenken, versuche ich ablenkende Informationen auszuschalten. So werden z.B. Haarschnitte, Hautbeschaffenheit, etc, soweit es geht zurückgedrängt, jedoch muss auch die Irritation vermieden werden, die durch das Fehlen dieser Information entstünde.
Das Schauen geschieht nicht nur mit den Augen: manche Menschen schauen mit dem Hals, der Stirn, oder den Ohren gleichermaßen. Blinde schauen mit verschiedenen Körperteilen. Um herauszufinden welcher Teil des Gesichtes. für den Blick von Bedeutung ist, mache ich Zeichnungen von dem, was ich von der Präsenz eines Menschen erinnere. Diese Zeichnungen führen zu den speziellen Bildausschnitten, die den Video-Portraits eigen ist.
Katharina Kohl, 2001
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