Über EIN GESICHT IM DUNKELN BETRACHTEN
Das Video „EIN GESICHT IM DUNKELN BETRACHTEN“ bezieht sich auf das Stück „EAR-PIECE“ der amerikanischen Komponistin Pauline Oliveras. Darin geht es um das Hören und den Unterschied zwischen gezieltem Hören und dem unbeabsichtigten Hören: hearing und listening.
Der für das Video geschriebene Text fragt danach, was geschieht wenn ein Gesicht wahrgenommen wird. Die Wahrnehmung eines Gesichts ist einer unseren frühesten Seh-Eindrücke. Verschiedene differenzierte Choreografien für unterschiedliche Lebensituationen bestimmen Dauer, Art und Intensität des Blicks.
In unserer Kultur gilt es beispielsweise als Tabu jemanden länger als ein paar Sekunden zu betrachten, alles was über diese Dauer hinausgeht, wird als Provokation empfunden. Kinder werden dazu erzogen, diese Regel einzuhalten. Der Rhythmus des sich Ansehens beim Flirten folgt ebenfalls ausgeklügelten differenzierten Vorgaben, die Blickdauer, Wiederholung und eine Art gemeinsamen Blick-Rhythmus organisieren. Es ist nahezu unmöglich jemandem ins Gesicht zu sehen, ohne in Kommunikation zu treten.
Es kann viel Zeit vergehen, ohne dass wir überhaupt jemandem ins Gesicht gesehen haben.
Der französische Philosoph Emmanuel Levinas sagt, daß wir den, dem wir ins Gesicht gesehen haben, nicht töten werden.
KK 2001
In einem Text (Portraitieren / Der „Blickraum“) aus dem gleichen Jahr versuche ich meinen Zugang zum Portrait zu definieren.
Bild oben: Ein Gesicht im Dunkeln betrachten, Videostill, 2001, Videoloop, 09:49:11
Das Video „Ein Gesicht im Dunkeln betrachten“ wurde 2001 im Schaukasten von weltbekannt e.V. im Hauptbahnhof Hamburg gezeigt.